Die Regierung von Javier Milei ist erst einen Monat alt, aber in Argentinien macht sich das Gefühl breit, dass schon eine Ewigkeit vergangen ist. Wie er am 10. Dezember in seiner Antrittsrede ankündigte, führt Milei derzeit eine harte Schockanpassung für das argentinische Volk durch. Währenddessen bereitet er sich auf das erste Treffen mit dem Internationalen Währungsfonds vor, um den Mangel an Fremdwährung in den Kassen der Zentralbank zu beheben.

Drastische ultraliberale Pläne

Die Strategie der Regierung der politischen Koalition La Libertad Avanza konzentrierte sich in den ersten vier Wochen darauf, die argentinische Bevölkerung mit einer Reihe von geplanten Maßnahmen zu überhäufen, die nur schwer zu verarbeiten sind. Zunächst kündigte Wirtschaftsminister Luis Caputo ein Paket an, das unter anderem eine drastische Entwertung der argentinischen Währung vorsieht. Der offizielle Dollarkurs wurde im Zuge dessen um 118% erhöht, was einen neuen Inflationsschub auslöste. Bis Ende 2023 überstieg die Inflationsrate 170%.

Nach den von Caputo angekündigten Maßnahmen war es der Präsident selbst, der am 21. Dezember das Dekret der Notwendigkeit und Dringlichkeit (DNU) verkündete. Es zielt vor allem auf eine extreme Deregulierung der argentinischen Wirtschaft ab. Zu den Änderungen, die mit dem Dekret eingeführt werden, gehört auch eine Arbeitsreform, mit der die historischen Rechte der Arbeitnehmer*innen ausgehebelt werden sollen. Die Offensive der Regierung wurde Ende des Jahres mit der Verabschiedung des sogenannten Omnibusgesetzes (Ley Ómnibus) im Kongress abgeschlossen. Dieses räumt den Wirtschaftseliten neue Privilegien ein und soll Präsident Milei mehr Macht verschaffen. In Artikel 3 des Omnibusgesetzes wird der „öffentliche Notstand in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Steuern, soziale Sicherheit, Sicherheit, Verteidigung, Tarife, Energie, Gesundheit, Verwaltung und Soziales bis zum 31. Dezember 2025“ ausgerufen. Das bedeutet, dass die Exekutive in all diesen Bereichen, die das Leben von Millionen von Menschen betreffen, unilateral und unter Ausschluss der Legislative Entscheidungen treffen kann.

Widerstände aus der Justiz und Opposition

Der ultrareaktionäre Plan der Regierung Milei stößt auf erste Widerstände. Einer davon entwickelt sich im Bereich der Justiz. Ein Richter am Bundesverwaltungsgericht, Enrique Lavié Pico, hat die Sommerpause genutzt, um die Klagen auf Verfassungswidrigkeit des von der nationalen Regierung erlassenen Mega-Dekrets zu bearbeiten. Dies wollte Milei eigentlich durch Ausnutzung der Ferien so lange wie möglich hinauszögern. Das Gerichtsurteil kommt zu zwei einstweiligen Verfügungen hinzu, die bereits am 3. Januar zum Arbeitskapitel des Dekrets auf der Grundlage der Klagen des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes (CGT) und der Argentinischen Arbeiterzentrale (CTA) erlassen wurden.

Dies eröffnet die Möglichkeit neuer Einsprüche und Anträge auf Aussetzung anderer Aspekte oder des gesamten DNU. Vor allem in Bezug auf Themen wie der Aufhebung des Mietgesetzes, der Liberalisierung der Preise privater Gesundheitsunternehmen, der Deregulierung des Arzneimittelverkaufs und andere Punkte, die die Institutionen und die Interessen verschiedener Wirtschafts-, Kultur- und Wissenschaftsbereiche betreffen.

Unterdessen erlebt der Nationalkongress nach dem Beginn der von der Regierung einberufenen Sondersitzungen, die die Behandlung des Omnibusgesetzes vorantreiben will, eine weitere Front des Widerstands. Am Donnerstag, den 4. Januar, gelang es der liberalen Regierung im Einvernehmen mit der so genannten „freundlichen Opposition“, die sich aus den Parteien der Rechtskoalition Juntos por el Cambio JxC (Zusammen für die Veränderung) zusammensetzt, vier Ausschüsse der Abgeordnetenkammer einzusetzen, die sich mit dem Omnibus-Gesetz befassen sollen: Haushalt und Finanzen, Verfassungsfragen, allgemeine Gesetzgebung und auswärtige Angelegenheiten.

Die Opposition der Peronistischen Unión por la Patria UxP (Union für das Vaterland) und der trotzkistischen Linken, die sich aus einem Block von fünf Abgeordneten zusammensetzt, kritisierte den Autoritarismus der Regierung bei der Bildung der Ausschüsse. Die größte Kontroverse entbrannte im Haushalts- und Finanzausschuss, in dem der ultrarechte Abgeordnete José Luis Espert auf Anordnung des Präsidenten der Nation die Kontrolle übernahm.

Der Abgeordnete der Linksfront und Universitätsprofessor Christian Castillo prangerte an, dass ihm das Mikrofon abgeschnitten wurde und er nicht sprechen durfte, als er die Amtsübernahme von Espert herausfordern wollte. Ebenso wies er auf Drohungen mit „Gefängnis oder Kugel“ gegen seine Mitglieder hin.

Gewerkschaftliche Mobilisierungen

Die Drohungen von Espert gegenüber den linken Abgeordneten waren auf deren Beteiligung an den Volksmobilisierungen zurückzuführen, die sich nun in den wichtigsten städtischen Zentren des Landes zu häufen scheinen. Die cacerolazos [Form des lauten politischen Protests in Argentinien und anderen Ländern. Der Name cacerolazo, span. Topf, kommt daher, dass beim Protest vor allem durch das Schlagen auf mitgebrachten Töpfen und Pfannen Lärm erzeugt wird] die in Buenos Aires begannen, breiteten sich auf Großstädte wie Rosario und Córdoba aus, wobei letztere von der örtlichen Polizei unterdrückt wurden. Unterdessen bestätigten die Gewerkschaften Confederación General del Trabajo CGT und Central de Trabajadores de la Argentina CTA den Aufruf zu einem 12-stündigen Generalstreik am 24. Januar mit einer Demonstration bis zum Nationalkongress.

Gleichzeitig haben einige Gewerkschaften wie der Asociación de Trabajadores del Estado ATE (Vereinigung der Staatsbediensteten) angesichts der Entlassungen von Arbeitnehmer*innen sowohl in der nationalen öffentlichen Verwaltung als auch in der Stadt Buenos Aires und anderen Provinzen einen Kampfplan mit verschiedenen Demonstrationen im Vorfeld des Generalstreiks am 24. erstellt. Darüber hinaus haben wichtige Sektoren der Kultur, des Kinos, des Theaters und der Musik begonnen, sich zu mobilisieren. Ihre Rechte werden ebenfalls durch die von der Regierung Milei angestrebten Regelungen verletzt. Mehrere Umfragen zeigen, dass das positive Image des argentinischen Präsidenten immer mehr abnimmt. Einige, wie die von Zuban Córdoba [Agentur für Meinungsforschung und politische Kommunikation in Argentinien], sagen sogar einen Rückgang von mehr als einem Punkt pro Tag seit seinem Amtsantritt voraus. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, ebenso wie die Entwicklungen auf gerichtlicher und parlamentarischer Ebene. Die Zukunft des Dekrets und des rigorosen neoliberalen Kurses der Regierung Milei wird jedoch vor allem davon abhängen, wie stark der Widerstand auf den argentinischen Straßen zu spüren ist – und dieser mobilisiert sich bereits.

Übersetzung: Mara Gutmann

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