Am 28. Dezember 2023 verliess uns Dick Marty. Der ehemalige Ständerat und Tessiner Staatsanwalt war eine tragende Figur der Konzernverantwortungsinitiative und hinterlässt eine grosse Lücke.

Mit grosser Trauer haben wir am 28. Dezember die Nachricht vom Tod von Dick Marty erhalten. Er starb im Alter von 78 Jahren nach einer tapfer ertragenen Krankheit im Kreis seiner Familie.

Der ehemalige FDP-Ständerat und Generalstaatsanwalt des Kantons Tessin war von 1998 bis 2011 Abgeordneter des Europarats und Mitglied der OSZE-Kommission für Menschenrechte.

Sein gesamtes Leben hatte er in den Dienst der Gerechtigkeit und der Menschenrechte gestellt. So war Dick Marty auch langjähriges Mitglied von Amnesty International und engagierte sich mit uns mit Leib und Seele für die Konzernverantwortungsinitiative. Wie bei allen Kämpfen für Gerechtigkeit setzte er sich auch hier mit ganzem Herzen dafür ein, dass Konzerne die Menschenrechte einhalten und die Umwelt schützen müssen − er wurde quasi zum Paten der Initiative, denn seine Stimme hatte Gewicht. Sein reiches Wissen machten jede Debatte mit ihm spannend und lehrreich.

Durch seine Leidenschaft schaffte er es, uns immer wieder zu motivieren und trotz Widrigkeiten im Abstimmungskampf nicht aufzugeben. Es war seine Empörung über Ungerechtigkeiten, die ihn zu seinem unermüdlichen Einsatz bewegte; er wollte die Welt verändern, selbst wenn er gegen den Strom schwimmen musste. In einem Interview mit L’Illustré im Jahr 2018 sagte er: «Ich glaube tatsächlich, dass der Tag, an dem ich nicht mehr in der Lage bin, mich zu empören, bedeutet, dass ich nicht mehr am Leben bin!» Seine Inspiration fand er in Jean Jaures Definition von Mut: «Die Wahrheit suchen und sie sagen.»

Die Suche nach der Wahrheit hatte ihn auf die internationale Bühne geführt: Im Auftrag des Europarats leitete er im Jahr 2006 unter anderem die Untersuchung über die geheimen CIA-Gefängnisse und schrieb in einem Bericht über den angeblichen Handel mit Organen, die Gefangenen im Kosovo während des Konflikts 1999-2000 entnommen worden waren. Dieser Bericht führte dazu, dass er in den letzten Jahren aufgrund von Morddrohungen unter Polizeischutz gestellt werden musste. Amnesty forderte 2022 in einem Appell von der Schweizer Regierung, stärkere Massnahmen für Dick Martys Sicherheit zu treffen. Anfang Dezember 2023 würdigte der Europarat die Arbeit von Dick Marty mit dem Pro Merito-Preis.

Dick Marty ist von uns gegangen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freund*innen. Wir behalten ihn als eine charismatische Persönlichkeit in Erinnerung, die zugleich sehr bescheiden war. Er hinterlässt uns ein grossartiges Vermächtnis: Das Vorbild eines unerschütterlichen Engagements für gerechte Anliegen − gegen alle Widerstände, mit dem nötigen Mut und einem gehörigen Mass an Empörung.

Der Originalartikel kann hier besucht werden