Das Bild von den begeistert oder selbstlos und aufopferungsvoll für ihr Land in den Krieg ziehenden Ukrainer*innen bekommt immer mehr Risse.

von Peter Vlatten

Die Zahlen aus Pressemeldungen am Morgen des 6. Septembers (u. a. NTV 6.9.2023) [1] sprechen eine deutliche Sprache.

Der ukrainische Grenzschutz gibt an, dass an den Grenzen über 20.000 wehrpflichtige Männer von ihm abgefangen wurden. Aber es ertrinken nicht nur Flüchtlinge im Mittelmeer, sondern auch an den Grenzflüssen der Ukraine zu Nachbarländern. Allein in der Theiss, einem Grenzfluss zu Ungarn und Rumänien, sind 19 ertrunkene wehrpflichtige Männer, die auf der Flucht waren, von den ukrainischen Behörden selbst dokumentiert worden. Laut EU-Statistikbehörde Eurostat wurden bisher in den 27 EU-Staaten sowie Norwegen, Schweiz und Liechtenstein weit mehr als 650.000 ukrainische Männer im Alter von 18 bis 64 Jahren als Flüchtlinge registriert. Allerdings, wie bei allen “illegalen” Bewegungen von Menschen, sind die Dunkelziffern auch hier besonders hoch. Ausserdem dürfte der Grossteil der ukrainischen Kriegsdienstverweigerer nicht in Nationen, die wie die EU-Länder mit Kiew verbündet sind, geflohen sein, sondern in Nachbarländer der ursprünglichen UDSSR. [2] Schätzungen gehen bei diesen Eckdaten davon aus, dass sich inzwischen bis 20 % der für den Kriegseinsatz infrage kommenden männlichen Bevölkerung, die in den von Kiew kontrollierten Gebieten lebte, ins Ausland abgesetzt hat. Eine deutliche Abstimmung mit Füßen, wenn man bedenkt, welche Risiken bei den drohenden drastischen Strafen die Flüchtenden eingehen!

Selensky und seine Regierung geraten unter Druck. Die Generalität fordert dringend Nachschub an “Soldaten”! Der Krieg verschlingt in immer größerem Ausmaß das ukrainische “Menschenmaterial”.

Auch im Land selbst versuchen viele Männer, sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Indem sie untertauchen im Chaos der zivilen Fluchtbewegungen. Es blüht ein lukrativer Handel. Wer es sich leisten kann, der kann sich die Wehruntauglichkeit erkaufen.

Die Kriegserfahrungen haben selbst bei einst begeisterten Freiwilligen die Stimmung gedreht. Zum Beispiel Ischtschenko, der sich ursprünglich voller Begeisterung für den Kriegseinsatz freiwillig gemeldet hat, zahlt schliesslich über 5.000 Euro, um aus der Ukraine rauszukommen. Denn „jedes Heldentum endet“, wenn man den Krieg real erlebt. „Ich habe gesehen, wie jemandem in den Bauch geschossen wurde. Er hatte wahnsinnige Schmerzen. Dann habe ich einen abgetrennten Kopf gesehen.“[3].

Die ukrainische Regierung reagiert mit voller Härte. Pazifisten und Oppositionelle werden systematisch verfolgt. Mit Schikanen und Einschüchterungsversuchen, mit Zwangsrekrutierung und Entführung von Wehrpflichtigen, mit Gefängnis und saftigen Geldstrafen.[4 [5] Meinungsäusserungen gegen das Kriegs-Hurra werden im Keim erstickt. Gegen die Korruption in den Einberufungsstellen wurde mit Razzien, Festnahmen und Entlassungen vorgegangen. Das Resultat ist sarkastisch: die Menschen mit echten gesundheitlichen Problemen geraten noch mehr unter Druck. Das Schmiergeld für das Freikaufen ist indessen laut Angaben der ukrainischen Justiz auf durchschnittlich 13.700 Euro hochgeschnellt.[6] Bei 1,21 Euro Mindestlohn, der in Kriegszeiten oft nicht einmal gezahlt wird, kann man sich leicht ausmahlen, wer als Kanonenfutter an die Front muss oder wer sich freikaufen und mit gefälschten Dokumenten, unterstützt durch „Gotteshand“, ins Ausland begeben kann.

Die Verhältnisse sind nahezu spiegelbildlich zu dem, was über den Aggressor Russland gemeldet wird. Aber: Die Ressource Mensch ist in Russland im Gegensatz zur Ukraine unermesslich und der Krieg wird auf ukrainischem Gebiet ausgefochten.

Ende August wurde eine weitere Mobilmachung und Einberufungswelle durch Selenskyj persönlich eingeläutet.[7] Aber das reicht wohl alles nicht. Am 6.September fordert Selenskyj – formal eingekleidet in eine Bitte – erstmalig die Auslieferung aller geflohenen wehrfähigen Männer! Die Bundesregierung, wie bei allen Roten Linien, so heißt es am Abend “hält sich bedeckt”.

Wie wir schon ab Anfang des Krieges befürchtet haben. Die Ukraine verblutet. Nicht für „unsere“ Demokratie und Freiheit, sondern stellvertretend für geopolitische Ziele des Westens. Das Schicksal der Bevölkerung bleibt da maximal egal. Der fortschreitende Stellungskrieg fordert immer mehr Opfer auf beiden Seiten. Und Selenskyj gehen nicht nur die Munition und Waffen aus, sondern vor allem auch die Soldaten. Die Folgen: Es wird nicht nur Streu- und Uranmunition eingesetzt, die auf Jahrzehnte die eigene Zivilbevölkerung bedrohen. Es wird auch regelrecht Jagd gemacht auf alle wehrfähigen Männer! Der Krieg zeigt seine wahre Fratze.

Klar und deutlich: “Keine Auslieferung von Kriegsflüchtlingen an die Ukraine!

Und auch “Asyl für russische Deserteure”

Am 21.September 2023 16:30 Uhr am Brandenburger Tor findet die nächste Mahnwache der Omas gegen Rechts gegen den Streubombeneinsatz statt. Es wird Zeit solche Proteste auszudehnen gegen den Einsatz von Uranmunition und die Auslieferung von wehrfähigen ukrainischen Männern!


Quellen:

1, 6        Flucht vor Wehrdienst 20.000 Ukrainer an der Grenze aufgehalten
2             https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/202807/analyse-die-oekonomische-bedeutung-des-ukrainischen-donbass/
3             Ukrainische Fahnenflüchtige: “Heldentum endet, wenn man den Krieg mit eigenen Augen sieht” – n-tv.de
4             Pazifismus ist kein Verbrechen
5             Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen aus Russland, Ukraine und Belarus!
7             https://www.zdf.de/nachrichten/politik/mobilmachung-ukraine-krieg-russland-100.html

Der Originalartikel kann hier besucht werden