Fast vier Wochen nach Infosperber informierte auch die «NZZ am Sonntag» über den Ausverkauf des ukrainischen Ackerlandes.

Urs P. Gasche für die Online-Zeitung INFOsperber

Unter dem Titel «Der Krieg macht die Ukraine zum Vasallenstaat des Westens» berichtete Infosperber, dass die Gläubiger der Ukraine den Ausverkauf der riesigen Agrarflächen diktieren. Die Profiteure seien westliche Konzerne und ukrainische Oligarchen. Mit 33 Millionen Hektar verfügt die Ukraine über weite Teile des fruchtbaren Ackerlandes der Welt.

«Da bahnt sich eine Katastrophe für die Kleinbauern an», erklärte Viktor Scheremata, Vorsitzender des ukrainischen Kleinbauern-Verbandes, gegenüber der NZZ, die am 20. August auf einer ganzen Seite über die fragwürdige Entwicklung informierte.

Im Jahr 2001 habe die Ukraine gegen Landkäufe ein Moratorium verhängt. «Auf Drängen der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds IWF und der Europäischen Entwicklungsbank», wie die «NZZ am Sonntag» schrieb, «wurde das Moratorium im Jahr 2020 aufgehoben». Seither erlaube das Gesetz ausländischen Konzernen und ukrainischen Investoren, grosse Landflächen zu kaufen. Die Zeitung zitierte Wiktor Scheremata: «Die Aufhebung des Moratoriums war die Bedingung dafür, dass die Ukraine [von den internationalen Finanzinstitutionen] Kredite erhält.» Das war ein erpresserisches Ultimatum.

Bereits sind die grössten Landbesitzer Oligarchen sowie ausländische Konzerne und Investoren, darunter ein in den USA ansässiger Private-Equity-Fonds und der Staatsfonds von Saudi-Arabien. Die «NZZ am Sonntag» stützte sich dabei wie Infosperber auf den Bericht «Krieg und Diebstahl», den das kalifornische Oakland Institute im März 2023 veröffenticht hatte. Dieses Institut ist von Konzernen und Regierungsgeldern unabhängig. Infosperber hatte die Zusammenfassung des Berichts auf Deutsch übersetzt.

Laut Bericht sind mit einer Ausnahme sämtliche der zehn grössten Landbesitzer im Ausland registriert, hauptsächlich in Steueroasen wie Zypern oder Luxemburg. Um das begehrte ukrainische Agrarland reissen sich viele prominente Konzerne. Der Bericht nennt Investoren beim Namen, darunter die Chemiekonzerne Bayer und Dupont, den Rohstoffkonzern Glencore, das Agrarunternehmen Cargill, die Vanguard Group, Kopernik Global Investors, BNP Asset Management Holding, die zu Goldman Sachs gehörende NN Investment Partners Holdings und Norges Bank Investment Management, die den norwegischen Staatsfonds verwaltet. Eine Reihe grosser US-Pensionsfonds, Stiftungen und Universitätsstiftungen sind über NCH Capital ebenfalls in ukrainischen Grundbesitz investiert. NCH Capital ist ein in den USA ansässiger Private-Equity-Fund, welcher mit 450’000 Hektaren gepachteter Fläche der fünftgrösste Grundbesitzer der Ukraine ist.

Die «NZZ am Sonntag» zitierte die ukrainische Nationale Akademie der Wissenschaften: «Heute kämpfen und sterben Bauern und Bäuerinnen im Krieg. Sie haben alles verloren. Die Prozesse des freien Landverkaufs und -kaufs werden zunehmend liberalisiert und beworben. Dies bedroht die Rechte der Ukrainer auf ihr Land, für das sie ihr Leben geben.»

Der Kleinbauern-Vorstand Wiktor Scheremeta sieht die Zukunft düster: «Wenn die Kleinbauern von der Front zurückkommen und realisieren, dass sie gegen die grossen Konzerne keine Chance mehr haben, wird der Protest nicht mehr friedlich sein, sondern radikal. Denn dieses Land gehört unseren Kindern und Enkeln.»

Das Oakland Institute empfiehlt, den Agrarsektor nach dem Krieg umzugestalten: Man solle dann in erster Linie diejenigen Bauern unterstützen, welche die ukrainische Bevölkerung ernähren, und nicht etwa exportorientierte Konzerne. Doch das ist Wunschdenken: Die Leasingverträge hätten eine Laufzeit von 49 Jahren, sagt Scheremeta. «Diese werden wir nicht rückgängig machen können.»