Mit seinem diplomatischen Vorstoß zur Beendigung des Ukraine-Krieges hat China einen wichtigen Beitrag zu einer Friedenslösung des blutigen Konflikts zwischen Kiew und Moskau beigetragen. Damit hat die Volksrepublik jedoch international sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst: Einige Staaten sehen in der chinesischen Initiative durchaus Potenzial für eine Verhandlungslösung, während andere darin eher die Absicht Pekings erkannt haben wollen, seine Interessen voranzubringen und sein Image zu verbessern.

Von Alexander Männer

Russland etwa begrüßt den Zwölf-Punkte-Plan zur friedlichen Lösung des Konflikts, die USA und die Ukraine lehnen ihn ab. Die EU hat mit Zurückhaltung auf den chinesischen Vorstoß reagiert. China soll zwar bereits Partei an der Seite der Russen ergriffen haben, allerdings gebe es bei der Initiative auch interessante Beobachtungen, heißt es aus Brüssel.

Übersicht der chinesischen Friedensforderungen

Diesbezüglich ist hier eine kurze Übersicht des in einem dreiseitigen Dokument enthaltenen chinesischen Vorschläge für Friedensverhandlungen und eine Waffenruhe in der Ukraine zusammengestellt.

Erstens betont die chinesische Führung die Notwendigkeit, die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder zu respektieren und weist darauf hin, dass „Doppelstandards“ abgelehnt werden müssten und dass die gleiche und einheitliche Anwendung des Völkerrechts anzuwenden sei.

Zweitens verweist man darauf, dass die regionale Sicherheit nicht durch die Stärkung und Ausweitung von Militärblöcken gewährleistet werden könne. Die Mentalität des Kalten Krieges gilt es aufzugeben und alle Parteien sollten sich um eine nachhaltige europäische Sicherheitsarchitektur bemühen sowie sich „dem Streben nach eigener Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer widersetzen, eine Blockkonfrontation verhindern und sich gemeinsam für Frieden und Stabilität auf dem eurasischen Kontinent einsetzen“.

Im dritten Punkt und vierten Punkt ruft Peking alle Parteien zur Zurückhaltung auf, um eine weitere Eskalation des Konfliktes zu verhindern und betont (in Bezug auf die Friedensverhandlungen) den Dialog und Verhandlungen, die der einzige wirkliche Ausweg aus der ukrainischen Krise seien. Dafür müssten Bedingungen geschaffen und eine Plattform für die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine bereitgestellt werden.

In den weiteren Punkten spricht sich die chinesische Seite gegen den Einsatz von Atomwaffen aus sowie gegen die Angriffe auf Atomkraftwerke oder andere friedliche Nuklearanlagen. Zudem sollen Zivilisten geschützt, sichere Fluchtkorridore eingerichtet und humanitäre Hilfe ermöglicht und unterstützt werden. Im Hinblick auf die Kriegsgefangenen sollten die entsprechenden Grundrechte geachtet und der Austausch von Gefangenen durchgeführt werden.

Perspektive und Absicht der Initiative

Dabei sind die Ansätze der chinesischen Führung in Bezug auf die Lage in dem osteuropäischen Krisenland nicht neu. Auf die einen oder andere Weise hatte Peking die meisten seiner Forderungen in puncto Ukraine bereits mehrfach öffentlich thematisiert. Ausgehend von den offiziellen Reaktionen der westlichen Staaten sowie der Kiewer Führung hat die Friedensinitiative allerdings kaum Aussichten auf Erfolg. Kritiker werfen Peking unter anderem vor, keine klaren Handlungsempfehlungen für die Umsetzung des Zwölf-Punkte-Plans geliefert zu haben.

Eventuell ist die Umsetzung dieser im Grunde zusammengestellten „Prinzipien einer Friedenslösung“ auch nicht die primäre Absicht der Chinesen, die damit in Wirklichkeit etwas anderes bezwecken wollen. Womöglich sollen damit in erster Linie die Parallelen zum Taiwan-Konflikt aufgezeigt und den Gegnern Chinas in dieser Frage deutlich gemacht werden, dass Peking von seiner Linie in der südasiatischen Region nicht abweichen wird.

Es geht der Volksrepublik dabei vor allem um die Stärkung der eigenen Interessen in der Taiwan-Problematik. Denn schon mit dem ersten Punkt seines Plans, die Respektierung der „Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität aller Länder“, richtet sich ihre Führung offensichtlich indirekt auch gegen solche Staaten, die Taiwan nicht als Teil Chinas betrachten. Mit dieser Forderung will man aber allen klarmachen, dass Taiwan unwiderruflich zu China gehört und dass jede andere Position diesbezüglich die Souveränität des Landes verletzt.

Auch die Forderung nach der „Abkehr von der Mentalität des Kalten Krieges“ im zweiten Punkt richtet sich primär an die westlichen Staaten, allen voran die USA. Peking stellt klar, dass kein Land die eigene Sicherheit auf Kosten eines anderen Landes verfolgen sollte. Insbesondere nicht durch die Stärkung oder den Ausbau von Militärallianzen. Damit wird den USA auch indirekt vorgeworfen, die Situation um die Ukraine durch Pläne der möglichen Erweiterung der NATO und durch entsprechende Schritte provoziert und eskaliert zu haben. Damit wird der NATO quasi die Mitschuld am Ukraine-Krieg gegeben. Insofern ist es folgerichtig, dass die NATO die besagten Vorschläge als „nicht glaubwürdig“ kritisiert.

Der Originalartikel kann hier besucht werden