Der diesjährige Erdüberlastungstag fällt auf den kommenden Donnerstag (29. Juli). Der Tag markiert den Zeitpunkt im Jahr, bis zu dem die Menschheit so viele Ressourcen von der Erde beansprucht hat, wie alle Ökosysteme im gesamten Jahr erneuern können. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie hatte sich der Erdüberlastungstag im vergangenen Jahr um mehr als drei Wochen nach hinten verschoben – die Übernutzung der Erde war also etwas zurückgegangen. In diesem Jahr sind jedoch die nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde wieder so früh verbraucht wie 2019, wie das Global Footprint Network errechnet hat.

„Wir erleben nun den befürchteten Rebound-Effekt, das sprunghafte Wiederansteigen der Emissionen nach dem Höhepunkt der Pandemie“, sagt Steffen Vogel vom Team Unternehmensverantwortung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Dass der Ressourcenverbrauch trotz Anhalten der Pandemie schon dieses Jahr wieder das Niveau von 2019 erreicht, zeigt: Wir brauchen dringender denn je ein Umsteuern in der Klima- und Ressourcenpolitik. COVID-19-Konjunkturprogramme müssen unbedingt auf nachhaltige Wirtschaftsweisen ausgerichtet werden.“

Nach Berechnungen des Global Footprint Network beruht die zunehmende Übernutzung der Ressourcen auf dem starken Anstieg der CO2-Emissionen um prognostiziert 6,6 Prozent gegenüber 2020, sowie auf dem Verlust von 0,5 Prozent Biokapazität der Wälder, vor allem durch die rasante Abholzung des Amazonas-Regenwaldes.

Nachhaltiges Verhalten muss einfacher und preiswerter werden

Oft wird der Erdüberlastungstag mit dem Aufruf verbunden, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Dies ist ein erster wichtiger Schritt, denn die notwendige Transformation muss von Veränderungen im Verhalten und der Wertevorstellungen getragen werden. Er reicht aber nicht aus. „Um die notwendigen Veränderungen schnell genug zu erreichen, brauchen wir andere Rahmenbedingungen. Nachhaltiges und sozial verantwortliches Verhalten muss einfacher, naheliegender und preiswerter werden”, sagt Marie Heitfeld, Referentin für Bildung für nachhaltige Entwicklung bei Germanwatch. Jeder kann mithelfen in seinem Umfeld Strukturen für mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln, damit nachhaltiges Verhalten zum Standard für alle wird. Dafür ist als Ergänzung zum Fußabdruck der Handabdruck entwickelt worden.

“Der Handabdruck steht für die Hebel, die jede und jeder von uns selbst in Bewegung setzen kann, um Nachhaltigkeit in Mobilität, Ernährung, Energie, Finanzen oder Ressourcennutzung zum neuen Standard zu machen. Das geht am Arbeitsplatz, in der Schule oder Uni, im Verein oder in der Kommune sowie auf Landes- und Bundesebene“, erklärt Heitfeld. Ergänzend zu den existierenden Fußabdruck-Tests hat Germanwatch zusammen mit Brot für die Welt einen neuen Handabdruck-Test veröffentlicht. Dort erhalten die Nutzer:innen eine konkrete und zu ihren Interessen passende Idee, wie sie ihren eigenen positiven Handabdruck vergrößern und so der Überlastung unserer planetaren Grenzen entgegenwirken können: www.handabdruck.eu

„Um die ständige Überdehnung der Grenzen des Planeten zu stoppen, brauchen wir auch eine engere internationale Kooperation auf mehreren Ebenen. So muss die Bundesregierung jetzt zum Beispiel mit ihren europäischen Partnern die Umsetzung des European Green Deal beschleunigen”, sagt Audrey Mathieu, Referentin für EU-Klimapolitik bei Germanwatch. “Mit dem Fit-for-55-Paket liegt eine insgesamt solide Basis der EU-Kommission auf dem Tisch. Jetzt müssen Mitgliedsstaaten und Europäisches Parlament nachlegen, um das Wirksamste aus dem Paket herauszuholen und schnell in die Umsetzung zu kommen. Auf die nächste Bundesregierung kommen sowohl auf EU-Ebene als auch beim Ergreifen wirksamer Maßnahmen zum Erreichen der verbesserten deutschen Klimaziele große Aufgaben zu”, so Mathieu weiter. Überdies gehe es darum, mit zentralen Schwellenländern Klimapartnerschaften zum zügigeren Umstieg Richtung Klimaneutralität auf- und auszubauen.

Hintergrundinformationen zum globalen Erdüberlastungstag

Das Global Footprint Network berechnet jedes Jahr den Tag, an dem die Erdüberlastung erreicht ist, den „Earth Overshoot Day“. Dabei werden zwei rechnerische Größen gegenübergestellt: zum einen die biologische Kapazität der Erde zum Aufbau von Ressourcen sowie zur Aufnahme von Müll und Emissionen, zum anderen der Bedarf an Wäldern, Flächen, Wasser, Ackerland und Fischgründen, den die Menschen derzeit für ihre Lebens- und Wirtschaftsweise verbrauchen.

Um ihren Ressourcenbedarf nachhaltig zu decken, bräuchte die Weltbevölkerung rechnerisch 1,75 Planeten. Würden alle Länder so haushalten wie Deutschland, wären gar drei Erden nötig. Bei einer Lebensweise wie in China bräuchte die Weltbevölkerung 2,2 Erden; würden alle Menschen so wirtschaften wie in den USA bräuchten sie fünf Erden. Dabei ist der Anstieg des Ressourcenverbrauchs beispiellos in der Menschheitsgeschichte: 1970 überstieg er erstmals die Biokapazität der Erde, im Jahr 2000 lag der Erdüberlastungstag bereits im September. Wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie war der Tag 2020 später als 2019, er fiel im vergangenen Jahr auf den 22. August.

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